Bundestag verabschiedet Lieferkettengesetz

Der Streit der Koalition über das Lieferkettengesetz ist beigelegt. In der vorletzten Sitzungswoche dieser Legislaturperiode stimmte eine Mehrheit des Parlaments am 11. Juni dafür.

In den vergangenen Wochen stand eine Einigung der Koalition erneut auf der Kippe. Vertreter aus Wirtschaft und CDU wollten eine Verabschiedung verhindern.

Mit dem Lieferkettengesetz werden nun deutsche Firmen verpflichtet, bei ihren Vertragspartnern im Ausland auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltgesetzen zu achten. Der Verstoß gegen Menschenrechte und Umweltvorschriften soll dadurch verhindert werden. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, so der offizielle Name, bleibt zwar deutlich hinter den Forderungen zivilgesellschaftlicher Vertreter*innen zurück, stellt aber einen wichtigen und überfälligen ersten Schritt für eine gerechtere Globalisierung dar.

Das Gesetz tritt ab 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden in Kraft. Ab 2024 ist es auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden geltend. Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette nicht nachkommen, drohen Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren. Eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen ist aktuell nicht vorgesehen. Zwar können deutsche NGOs und Gewerkschaften im Namen von Betroffenen klagen, Gerichte müssen aber nach wie vor das Recht des Ortes anwenden, an dem der Schaden entstanden ist.

Das Gesetz bleibt insgesamt hinter den Forderungen der Initiative Lieferkettengesetz zurück. Beispielsweise ist die Anzahl der erfassten Unternehmen stark reduziert worden. Gefordert waren Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden. In Deutschland hätte dies knapp 17.000 Unternehmen betroffen. Firmen mit über 3000 Mitarbeitenden gibt es lediglich 600 in Deutschland.

Hauptkritikpunkte der Initiative Lieferkettengesetz sind neben der fehlenden zivilrechtlichen Haftung der Verzicht auf eine verpflichtende präventive Vermeidung von Gefahren. So ist eine Risikoanalyse entlang der gesamten Lieferkette nur durchzuführen, wenn Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverletzungen vorliegen. Des Weiteren sind Umweltstandards im Gesetzesentwurf nur am Rande berücksichtigt und beziehen sich nur marginal auf Umweltschäden langfristiger Art. Nicht vorgesehen ist es, die Zerstörung von Artenvielfalt oder die Schädigung des Klimas zu sanktionieren.

Trotz aller Schwächen wird durch das Gesetz erstmals die unternehmerische menschenrechtliche Sorgfaltspflicht verbindlich festgehalten und ist diesbezüglich das aktuell stärkste in Europa. Dies ist zum einen ein wichtiges Signal an die europäische Gesetzgebung, welche unter Leitung des Justizkommissars Reynders bereits an einem europaweiten Lieferkettengesetz arbeitet. Zum anderen ist es auch ein großer Erfolg der Zivilgesellschaft, welche die Erarbeitung eines Gesetzes gegen den Willen vieler Arbeitgeber- und Industrieverbände ermöglicht hat. Auch in Rheinland-Pfalz wurden nicht nur viele der bundesweit über 220.000 Unterschriften gesammelt, sondern auch aktiv auf den politischen Prozess eingewirkt. Beispiele sind hier die zahlreichen Diskussionsveranstaltungen oder die Resolution „Kommunen für ein starkes Lieferkettengesetz in Deutschland“ mit Mainz, Trier und Koblenz unter den ersten 34 unterzeichnenden Gemeinden.

Weitere Informationen, Analysen und Hintergründe gibt es auf https://lieferkettengesetz.de/.